VERLAG TEAM KONTAKT MEDIADATEN ABO
logo

Fuhrparkportrait: Wiener Netze

main-photo

Wiener Netze

Um eine Stadt am Laufen zu halten, benötigt man nicht nur eine Vielzahl an Tätigkeiten und Arbeitskräften, sondern auch eine gehörige Portion Flexibilität. Die Wiener Netze haben das nicht nur mit einer zentralen Anlaufstelle gelöst, sondern auch mit einer eigenen Werkstatt.

Man muss sich das einmal vor Augen führen: 2.500 Mitarbeiter. Strom, Gas, Fernwärme plus diverse Nebenschauplätze. Alles in einer Millionenstadt, wo immer irgendetwas zwackt. Und all das inklusive Störungsdiensten, das muss man erst einmal alles auf die Reihe kriegen. Aber wie bitte? „Die Infrastruktur ist im Grunde gespiegelt in der Mobilität, die wir für diese Kerngeschäftsprozesse bereitstellen müssen“, fasst Paul Schöberl, Leiter der Abteilung Facility- und Fuhrparkmanagement der Wiener Netze, die grundsätzliche Herausforderung seines Jobs zusammen. „Und so bunt unsere Infrastruktur ist, so bunt ist auch unsere Flotte.“ Entsprechend wuselt es auf dem Smart Campus in Wien Simmering nur so, und der Wandel des Geländes, das ursprünglich von riesenhaften Gasspeichern – den sogenannten Gasometern – zur Ansammlung moderner Büro- und Industriegebäude mutiert ist, spiegelt sich auch in der Vielzahl an unterschiedlichsten Firmenfahrzeugen wider. Hier ist einiges im Wandel.

Alles in einem
„Wir sind natürlich stark nutzfahrzeuglastig“, klärt Schöberl auf. Schwerpunktmäßig natürlich N1, aber es gibt auch spezielles Gerät in N2, N3 mit Hebezeugen, Kranen, Hubsteigern, für alles, was spezielles Gerät erfordert. „Vor allem Instandhaltungs- und Wartungszwecke, von der 380-KV-Leitung bis zum erdverlegten Rohr irgendwo im Fernwärmegebiet ist alles dabei.“ Wer mit welchen Fahrzeugen fährt? Zuweisungen gibt es zu den einzelnen Abteilungen, die zuständig für ein bestimmtes Geschäftsgebiet sind, etwa Störungsdienst, Zählerwechsel oder Netzbau. „Und dort werden dann Ausstattung und Anzahl vereinbart, die je nach Ressourcenbedarf gebraucht werden.“ Innerhalb der Abteilungen erfolgt die Zuweisung der Fahrzeuge dann durch die Vorgesetzten. Damit jeder alles hat, was er benötigt, wird einmal jährlich im Zuge der Wirtschaftsplanung der Bedarf abgefragt – und nicht nur das: „Wir beraten unsere Kunden auch mit Auslastungskennzahlen und dergleichen, um so auf eine Flottenausstattung zu kommen, wo alle der Meinung sind, das ist das, was wir brauchen, um unsere Aufgaben auch im nächsten Jahr erfüllen zu können.“ Ein zentralisiertes System, das aber bei der Fahrzeugbestellung nicht aufhört.
Grundsätzlich ist das Fuhrparkmanagement mit dem Facility Management zusammengelegt. „Das heißt, wir kümmern uns um das infrastrukturelle Facility Management an diesem Standard, also Reinigung, Winterdienst, flächenbezogene Dienstleistungen, Umzugsprozesse und Raumausstattung. Aber Schwergewicht ist der Fuhrpark, insbesondere auch deswegen, weil wir das nicht nur für die Wiener Netze organisieren, sondern für weitere Unternehmen der Wiener Stadtwerke. Das heißt, alle Dimensionen, die man sich in den Fuhrparkprozessen vorstellen kann, laufen bei uns zusammen.“ Das ergibt an die 1.300 Fahrzeuge, alles in allem, wobei es einen grundsätzlichen Unterschied bei der Beschaffung gibt: Alle Nutzfahrzeuge werden gekauft. Alle Pkw für Management und Co geleast. Schöberl: „Leasing ist eine tolle Sache, wenn man in der Lage ist, das Laufleistungs- und Zustandsversprechen einzuhalten. 

50 km Laufleistung
Das ist im Managementbereich gut möglich. Im Nutzfahrzeugbereich hingegen, wo man auf Baustellen und so weiter unterwegs ist, ist das kaum möglich.“ Einmal gab es den Versuch, Nutzis entsprechend zu finanzieren, aber die Verträge sind im Endeffekt alle gekippt, wobei das nur ein Teilaspekt dafür war, zum Kaufmodell zurückzukehren. „Die Idee war, dass alle Fuhrparkprozesse zu uns laufen, da wir die Fahrzeuge mit einer Art Operating Leasing-Modell an die Abteilungen weitergeben. Und die Konsequenz daraus war, dass wir wirtschaftliche Eigentümer sein müssen, damit alle kaufmännischen Belege bei uns landen. Und dass wir Zulassungsbesitzer sind, damit auch alle amtlichen Dokumente bei uns einlaufen.“ Dazu kommt noch ein anderer Aspekt: Man fährt eigentlich zu wenig: „Wir haben im Stadtgebiet den Vorteil, dass wir unsere Kunden in kurzen Wegen erreichen. Unsere durchschnittliche Tageslaufleistung liegt irgendwo bei 50 Kilometern. Das heißt, wir kommen im Jahr auf 8.000 bis 10.000 Kilometer pro Fahrzeug. Aber mehr als sieben, acht Jahre halten sie trotzdem nicht.“ Das zeigt sich vor allem bei den Dieseln, weil sie nie unter optimalen Bedingungen laufen. „Wir merken das an den Partikelfiltern, an der Kupplung, an den Bremsen. Und so haben sich sieben Jahre im N1-Segment als typische Behaltedauer etabliert. Aber sicher auch deswegen, wenn man eine eigene Werkstatt hat.“ 

Alles für das Netz
Und tatsächlich: Gleich neben dem Facility-Gebäude befindet sich eine blitzsaubere und modern eingerichtete Werkstatt, was die Frage aufwirft, ob sich das denn überhaupt rechnet? „Wenn immer wieder zwischendurch etwas passiert, hat sich die Werkstatt schon oft bewährt“, meint Schöberl. „Und ja, die eigene Werkstatt wurde immer wieder einmal wirtschaftlich hinterfragt. Wir konnten aber immer darlegen, dass sich sowas wirtschaftlich betreiben lässt.“ Neben Deckungsbeiträgen hat die Gruppe Fuhparktechnik einen weiteren unschlagbaren Vorteil: „Zum Beispiel in der Corona-Zeit, als es schwierig war, Werkstättentermine zu machen. Da waren wir in der Lage, unsere Flotte in Betrieb zu halten. Weil auch während der Pandemie musste das Netz in Betrieb bleiben.“ 

30 pro Woche
Damit der Laden auch außerhalb von Krisenzeiten brummt, wird versucht, die Werkstatt bandartig auszulasten, was voraussetzt, die Zulassungsdaten schön zu verteilen. „Zusätzlich haben wir im Partnerverträge für einzelne Marken, um Spitzen auslagern zu können. Aber im Grunde versuchen wir, die Fahrzeuge über die Werkstatt laufen zu lassen.“ Das heißt: Pro Woche können 25 bis 30 Fahrzeuge bewältigt werden, wobei es kaum etwas gibt, das nicht gemacht wird. „Wir sind sogar ermächtigt, Begutachtungen nach § 57a auszustellen. Das machen wir auch, ebenso wie Servicearbeit und Verschleißreparaturen.“ Nur Havarien lagert man an Partnerbetriebe aus, da hierfür die Infrastruktur fehlt. Und Reifenwechsel? Gibt es eigentlich nicht. „Wir fahren bei den Nutzfahrzeugen mit Ganzjahresreifen. Das ist in diesem Gebiet, wo wir uns bewegen, sehr gut vertretbar. Ausnahmen machen wir nur in Gebieten, wo man im bergigen Gelände unterwegs sein muss.“ 
Geht es dann an die Beschaffung neuer Fahrzeuge, startet man jedes Mal mehr oder weniger bei null. „Wir sind als öffentlicher Auftraggeber natürlich verpflichtet, unsere Verträge nach dem Vergabegesetz auszuschreiben. Und daher wechseln die Marken immer wieder“, wobei Schöberl ergänzt: „Natürlich würde man sich manchmal wünschen, dass man mit einer Marke und einer Modellreihe arbeitet. Das würde den Instandhaltungs- und Beschaffungsprozess sehr stark vereinfachen.“ 

Keine Traumerlöse
So aber versucht man, möglichst lang Verträge abzuschließen. Die letzte große Ausschreibung zum Beispiel hatte eine Reichweite von acht Jahren. So können natürlich leichter partnerschaftliche Verbindungen zu Lieferanten aufgebaut und die Prozesse klarer gestaltet werden. „Das wäre nicht möglich, wenn wir ständig wechseln würden. Aber dass wir eine durchgängig einheitliche Markenflotte haben, wird uns wahrscheinlich auch in Zukunft nicht gelingen.“ Dass nach sieben bis acht Jahren hartem Einsatz keine Traumerlöse zu erzielen sind, liegt auf der Hand. Eine herkömmliche Verwertung kommt daher nicht in Frage. Schöberl: „Wir versteigern die Autos über das Dorotheum. Das hat den Vorteil, dass wir die Gewährleistungsansprüche mit der Versteigerung enden lassen können. Im B2B-Bereich wäre das zwar kein großes Problem, sehr wohl aber im B2C-Bereich. Zudem haben wir die Erfahrung gemacht, dass die Restwerte, die wir dort erzielen, durchaus mit den Prognosewerten vergleichbar sind. Und wir sind nicht gebunden an irgendwelche Laufleistungen oder Zustandsversprechen.“

Generalumstellung
Schöberls erste Aufgabe zu seinem Eintritt 2014 war übrigens, die Fuhrparkteile der ehemaligen Stromnetz GmbH und Gasnetz GmbH zusammenzuführen und fit für die Zukunft zu machen. Doch woher weiß man, was einen in Zukunft erwartet? „Zumindest unter den Führungskräften haben wir sehr konkrete Vorstellungen und unser Megathema ist sicherlich die Energie- und Mobilitätswende.“ Klimaneutral bis 2040 ist oberstes Ziel, und da etwa drei Viertel der Emissionen aus dem Wärmeenergie- und Mobilitätsbereich kommen, kann man sich den weiteren Fahrplan schon grob ausmalen: alle Zeichen auf E. Schöberl: „Wir befinden uns mitten in der Umstellungsphase und beobachten keine großen Einschränkungen. Insbesondere, weil unsere tägliche Laufleistung von 50 Kilometern mit den Produkten, die es jetzt schon gibt, problemlos abgedeckt werden kann. Bei schwerem Gerät ist das noch nicht ganz entschieden.“ Hier geht es nämlich nicht nur um Größe und Gewicht. Oft müssen zusätzliche Verbraucher angetrieben werden, wie etwa Hebezeuge oder Pumpen. „Aber nicht in alle Fahrzeugtypen sind aufgrund ihrer Ausstattung im Moment elektrifizierbar. Da setzt man dann auf Wasserstoff als Alternative, den wir selber produzieren, aber nicht nur für Mobilität. Wir sehen diese Anlagen auch als Regelenergie, um starke Volatilitäten im Netz auszugleichen.“ Ob es bei der Umstellung von Vorteil ist, wenn man Infrastruktur und Fuhrpark in einem hat? Mehr sogar, meint Schöberl. So wurde für die Umstellung ein großes Programm aufgesetzt: „Die Elektrifizierung der Flotte wurde im stadtweiten ‚Umstellungsprogram E-Mobilität‘ geplant. Ein wichtiger Bestandteil dieses Programms war der Aufbau der Ladeinfrastruktur und diesen Task hat unser Partner Wien Energie übernommen. Um herauszufinden, wo brauchen wir wann welche Ladestelleninfrastruktur, um unsere eigenen Flotten versorgen zu können. So haben wir bis jetzt allein an unserem Standort 250 Ladepunkte errichtet.“ Das sind meist große Ladeparks mit Lademanagement, da so die Leistung sehr gut nach unten reguliert werden kann. Schließlich müssen ja nur rund 50 Kilometer Reichweite über Nacht nachgeladen werden. „Wir haben dann versucht, Lade-Use-Cases zu definieren, die sich im Grunde in der Leistungsbereitstellung unterscheiden. Depot-Laden ist der einfachste. 

Lademanagement
Aber es gibt auch Partnerunternehmen mit Schichtbetrieb, wo das Fahrzeug in zwei oder drei Schichten idealerweise vollgeladen übergeben werden muss. Da braucht man dann schon Schnelllader. In anderen Fällen benötigten wir eine Ladeinfrastruktur für Lkw und Busse und so kamen wir insgesamt auf sieben Use-Cases.“ Bei den Pkw ist die Transformation so gut wie abgeschlossen. Schöberl: „Im M1-Bereich gibt es seit 2021 nur mehr E-Autos, außer in einzelnen Ausnahmen, wie etwa Einsatzfahrzeuge. Somit sind wir im zentralen Fuhrparkmanagement bereits bei 70 Prozent. Da ist das Thema im Grunde durch. Die große Herausforderung, der wir uns gerade stellen, ist der N1-Bereich. Da konnten wir 2023 eine große Vertragslinie unter Dach und Fach bringen. Mit einem Volumen von 1.250 Fahrzeugen.“ Schließlich liegt man bei den Nutzis erst bei einer E-Quote von zehn Prozent. „Das ist deswegen gelungen, weil wir eine Förderung aus dem ENIN-Programm gewinnen konnten. Somit konnten wir das Management davon überzeugen, die Umstellung zu forcieren.“ Um auch die Monteure und Mitarbeiter zu überzeugen, galt es ebenso eine gewisse Überzeugungsarbeit zu leisten. „Von Begeisterung bis Ablehnung war so ziemlich alles dabei“, fasst Schöberl die Reaktionen zusammen, „und natürlich eine gewisse Unsicherheit. Aber ein Schlüssel dabei ist, mit den Monteuren zu reden. Wir haben uns in mehreren Meetings mit den Monteuren zusammengesetzt, um herauszufinden, wie geht es, was brauchen wir.“ Zusätzlich war ein Vorteil, dass seit 2017 digitale Fahrtenbücher betrieben werden, womit man eine gute Vorstellung hatte von den Anforderungen. „Aufgrund der Durchschnitts- und der Spitzenleistung, die kaum über 100 Kilometer hinausgeht, waren wir uns einigermaßen sicher, dass wir mit E-Mobilität unser Kerngeschäft nicht stören. Und das ist der wichtigste Punkt.“

Letzte Meldungen

Mehr lesen >>

Aktuelle Fahrzeugtests

Mehr lesen >>
  • Test: Toyota Land Cruiser

  • Schon gefahren: Nissan Leaf

  • Dauertest-Update: BYD Sealion 7

  • Test: Mazda6e

  • Schon gefahren: Citroën C5 Aircross Elektro & PHEV

  • BMW X3 im Flotten-Check

  • Test: Leapmotor C10

  • Test: Opel Grandland Electric

  • Schon gefahren: KGM Torres Hybrid & Musso EV

  • Test: Citroën ë-C3 Aircross

Newsletter
Mit dem FLOTTE-Newsletter immer informiert bleiben!
Logo

Kommende Veranstaltungen

WERKSTATT-FORUM 2026

Time: 25/02/2026

Location: Stage3, 1030 Wien

FLEET Convention 2026

Time: 09/06/2026

Location: Hofburg Wien

A&W TAG 2026

Time: 20/10/2026

Location: Hofburg, Wien

© 2025 A&W Verlag GmbH All Rights Reserved Developed by itMedia